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Die Frauen in der Nationalversammlung

Die ersten Parlamentarierinnen

  • Weimarer Republik (1918-1933)

Hintergrundinformationen

Nach der Ausrufung der Republik und der Übertragung des Amtes des Reichskanzlers auf Friedrich Ebert veröffentlichte der neu eingesetzte Rat der Volksbeauftragten am 12. November 1918 einen „Aufruf an das deutsche Volk“. Mit einem darin enthaltenen Satz wurde der Grundstein für das am 30. November 1918 durch die Verordnung über die Wahl zur „Verfassunggebenden Deutschen Nationalversammlung“ garantierte Frauenwahlrecht gelegt:

Alle Wahlen zu öffentlichen Körperschaften sind fortan nach dem gleichen, geheimen, direkten, allgemeinen Wahlrecht auf Grund des proportionalen Wahlsystems für alle mindestens 20 Jahre alten männlichen und weiblichen Personen zu vollziehen.

Das neue Wahlrecht trat durch die Verordnung des Rates der Volksbeauftragten über die Wahlen zur Verfassunggebenden Deutschen Nationalversammlung (Reichswahlgesetz) vom 30. November 1918 in Kraft: Bei der anstehenden Wahl zur Nationalversammlung am 19. Januar 1919 durften Frauen erstmals wählen und gewählt werden.

In die Nationalversammlung wurden 423 Abgeordnete gewählt, 37 davon waren weiblich. Vier Frauen rückten später nach.

Die Wahlbeteiligung war mit 83 % insgesamt sehr hoch. Ca. 90 % der wahlberechtigten Frauen hatten sich an der Wahl beteiligt und damit von ihrem neuen Recht Gebrauch gemacht. Sie stellten aber lediglich 8,7 % der Abgeordneten. In späteren Parlamenten waren Frauen noch stärker unterrepräsentiert.

Die meisten Parlamentarierinnen (19) saßen für die SPD in der Nationalversammlung, allerdings hatte die SPD auch den größten Stimmenanteil bei der Wahl erhalten (37,9 %). Prozentual gesehen hatte die USPD mit 13,6 % die meisten weiblichen Abgeordneten (3) in ihrer Fraktion.

Gewählt hatten die Frauen allerdings überwiegend konservativ: Vom neuen Frauenwahlrecht hatten das Zentrum und die DNVP am meisten profitiert.

Folgende Frauen waren als erste Parlamentarierinnen in der Nationalversammlung vertreten:

  • Für die SPD: Lore Agnes, Anna Blos, Minna Bollmann, Wilhelmine Eichler, Frieda Hauke, Else Höfs, Marie Juchacz, Wilhelmine Kähler, Gertrud Lodahl, Frida Lührs, Ernestine Lutze, Toni Pfülf, Johanne Reitze, Elfriede Ryneck, Elisabeth Röhl, Minna Martha Schilling, Louise Schroeder, Clara Schuch, Anna Simon und Johanna Tesch. Nachrückerinnen waren Marie Behncke und Hedwig Kurt.
  • Für die USPD: Anna Hübler und Luise Zietz. Nachrückerin war Helene Grünberg.
  • Für die Deutsche Demokratische Partei: Marie Baum, Gertrud Bäumer, Elisabeth Brönner, Elise Ekke, und Katharina Kloss. Nachrückerin war Marie-Elisabeth Lüders.
  • Für die Deutsch-Nationale Volkspartei: Margarete Behm, Anna von Gierke, Käthe Schirmacher.
  • Für das Zentrum: Hedwig Dransfeld, Agnes Neuhaus, Maria Schmitz, Christine Teusch, Helene Weber und Marie Zettler.
  • Für die Deutsche Volkspartei: Clara Mende.

Quelle: „Zur Geschichte des Frauenwahlrechts in Deutschland“, AddF, Stiftung Archiv der deutschen Frauenbewegung

Viele dieser Frauen etablierten sich in der Politik und waren auch später im Reichstag oder in Landtagen vertreten. Ein prominentes Beispiel dafür war Christine Teusch, die 1947 Kultusministerin in Nordrhein-Westfalen wurde und als erste Frau eine Rede im Bundesrat hielt. Andere weibliche Abgeordnete, wie Anna Hübler oder Elise Ekke, waren nach Auflösung der Nationalversammlung nicht mehr öffentlich politisch tätig.

Ab 1933 hatten viele der Frauen unter Repressalien zu leiden und wurden von ihrer politischen Tätigkeit verdrängt. Einige wurden massiv von den Nationalsozialisten verfolgt. Die SPD-Abgeordnete Toni Pfülf, die im März 1933 als eine von 94 Abgeordneten gegen das Ermächtigungsgesetz gestimmt hatte, zerbrach an der Vergeblichkeit ihres Kampfes gegen die Nationalsozialisten und nahm sich im Juni 1933 das Leben.