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Vom braunen in den grauen Rock - der Reichsarbeitsdienst

Fotos und Dokumente zum Reichsarbeitsdienst aus dem Bundesarchiv

  • Nationalsozialismus (1933-1945)

Hintergrundinformationen

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Eine Arbeitsdienstpflicht hat es bereits im Ersten Weltkrieg mit dem Hilfsdienstgesetz im Rahmen des Hindenburg-Programms gegeben. Dieses Gesetz sah eine allgemeine Arbeitspflicht von Männern zwischen dem 17. und 60. Geburtstag in der Kriegswirtschaft vor. Bereits zu Beginn der zwanziger Jahre schlug der Hauptmann Aumann vom Reichswehr-Bataillon Berlin vor, eine einjährige "Wirtschaftsdienstpflicht" für "junge Männer und junge Mädchen" einzuführen, was für den "Selbstbehauptungswillen einer Volksgemeinschaft" unerlässlich sei.

Der Arbeitsdienst in seiner späteren Form wurde in Verbindung mit der Weltwirtschaftskrise, insbesondere für Jugendliche beiderlei Geschlechts, als "Freiwilliger Arbeitsdienst" 1931/32 eingeführt. Im Zuge der Errichtung des NS-Regimes nach 1933 zwang die Reichsregierung mit dem Reichsarbeitsdienstgesetz vom 26. Juni 1935 jeden Jugendlichen - unabhängig vom Geschlecht - zwischen dem 18. und 25. Lebensjahr "gemeinnützige" Arbeiten zu verrichten. Dieser "Dienst" wurde vorläufig auf ein halbes Jahr festgelegt. Ziel des Reichsarbeitsdienstes (RAD) war gemäß Gesetz: "die deutsche Jugend im Geiste des Nationalsozialismus zur Volksgemeinschaft und zur wahren Arbeitsauffassung, vor allem zur gebührenden Achtung der Handarbeit erziehen". Ebenso wichtig wie dieser ideologische Anspruch war jedoch die Senkung der Arbeitslosenzahlen und die Aufrüstung. Die deutsche Jugend sollte "kriegsfähig" gemacht werden. Dazu arbeitete sie an der Urbarmachung von Land, am Straßenbau, in der Landwirtschaft und im Aufbau militärischer (Abwehr-) Anlagen wie dem "Westwall". Die Arbeitsmänner und Arbeitsmaiden waren in eigenen RAD-Lagern untergebracht.

Der Reichsarbeitsführer Konstantin Hierl stand an der Spitze der Reichsleitung des RAD und war selbst dem Reichminister des Innern unterstellt (Reichskommissar für den Freiwilligen Arbeitsdienst). Der Reichsarbeitsführer war gleichzeitig auch Beauftragter bzw. Reichsleiter der NSDAP für den Arbeitsdienst. 1943 erhielt er den Status einer obersten Reichsbehörde. Die Verwaltung des Reichsarbeitsdienstes der männlichen Jugend und des Reichsarbeitsdienstes der weiblichen Jugend (RADwJ) war organisatorisch getrennt, wies aber einen ähnlichen Aufbau auf. Das Personal des RAD bestand aus den hauptamtlichen Mitarbeitern, den "Arbeitsdienstpflichtigen" und den Arbeitsdienstfreiwilligen. Die Angehörigen des RAD trugen die hierarchischen Merkmale ihrer paramiltärischen Massenorganisation: Dienstgrade, Ehrenzeichen, Uniformen. Beide Teile des RAD verfügten über die wichtigen Abteilungen: Dienstamt, Personalamt, Amt für Ersatz- und Meldewesen und eine Propagandaabteilung. Das Verwaltungs- und Wirtschaftsamt der männlichen Jugend bearbeitete auch die Wirtschaftsangelegenheiten der weiblichen Jugend. Planungen des Arbeitseinsatzes wurden zentral im Amt für Arbeitsleitung vorbereitet. Die Aushebung des Ersatzes erfolgte über ein eigenes Meldewesen.

Der Reichsleitung des RAD waren die Arbeitsgaue nachgeordnet. Jedem Arbeitsgau waren mehrere Arbeitsgruppen unterstellt, die sich aus den Abteilungen zusammensetzten. Die Abteilungen wurden fortlaufend nummeriert und bestanden aus 216 Mann. Die Abkürzung Abt. 9/280 stand also für die neunte Abteilung der Arbeitsdienstgruppe 280 im Arbeitsgau XXVIII (Würzburg). Dem Reichsarbeitsdienst der weiblichen Jugend unterstanden analog zu den Arbeitsgauen die "Führerinnen der Bezirke". Diese Bezirke entsprachen jedoch nicht immer der territorialen Gliederung des Reichsarbeitsdienstes für die männliche Jugend. Im Zweiten Weltkrieg wurden die im Rahmen der Wehrmacht eingesetzten Einheiten des RAD einem "Höheren Reichsarbeitsdienstführer" unterstellt.  Der RAD half der Wehrmacht als Wach-, Bau- und Pioniertruppe. RAD-Einheiten wurden aber auch direkt zum Kriegseinsatz herangezogen. Insbesondere in der Flugaufklärung und als Flakhelfer setzte man auch 17-Jährige Arbeitsmänner und -maiden ein. Eine Besonderheit ergab sich für den Reichsarbeitsdienst der weiblichen Jugend aus der Einführung eines Kriegshilfsdienstes, wonach die Arbeitsmaiden ein halbes Jahr länger im RAD verblieben, um als billige Arbeitskräfte in Verwaltung, Krankenhäusern oder der Wirtschaft zu dienen. 1945 wurde die Unterscheidung zwischen RAD und Wehmacht aufgehoben. Neue RAD-Divisionen, die auch unter 17 Jahre alte Arbeitsmänner umfasste, wurden Teil des letzten Aufgebots.  

Der Bestand R 77 enthält einige wenige Sachakten der Reichsleitung und unterstellter Dienststellen und Einheiten. Besonders hervorzuheben sind die aus der Sammlung Schumacher (Berlin Document Center) eingearbeiteten Bände zu Reichsarbeitsführer Konstantin Hierl, die Dokumentationen über die Vorgeschichte des RAD, insbesondere in Pommern sowie das Kriegstagebuch des Leiters der Abteilung Kraftfahrwesen im Dienstamt des RAD Wutschel.

Der Großteil des Bestandes besteht aus Personalveränderungsmeldungen, die meist in der Form von amtlichen Drucken vorliegen und personenbezogen in Karteien ausgewertet sind. Suche nach RAD-Angehörigen sollten daher an die Abteilung Deutsches Reich (R) des Bundesarchivs in Berlin gerichtet werden. Die Abteilung R verfügt auch über Versorgungsunterlagen ehemaliger RAD-Angehöriger sowie über weitere Personalakten. Eine positive Recherche ergibt sich v.a. bei der Suche nach hauptamtlichen Mitgliedern des RAD.

Sven Devantier