Virtuelle Ausstellung
Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der Deutschen Demokratischen Republik in Ostberlin
Sechsseitiger Vermerk über den geplanten Erwerb der Kanzleigebäude für die StäV in Ostberlin vom 25. Oktober 1978: Die Verhandlungen zogen sich bereits seit Herbst 1974 hin. Das Gebäude mit seinen Nebengebäuden stammte von ca. 1910 und wies laut Gutachten erhebliche Mängel auf. Zunächst wurde die Immobilie in der Hannoverschen Straße 28-30 für DM 96.000,- per anno gemietet.
Acht handgemalte und teilweise kolorierte Entwürfe für die Türschilder der StäV [2. April 1974]: Die StäV gab sich als besondere diplomatische Vertretung der Bundesrepublik in der DDR eigene Schilder für die Liegenschaft in Ost-Berlin. Laut Protokoll zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik über die Errichtung der Ständigen Vertretungen (BGBl. II 1974, S. 933) hieß es: Die Vertretungen führen die amtlichen Bezeichnungen "Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland" beziehungsweise "Ständige Vertretung der Deutschen Demokratischen Republik".
Dreiseitige Kurzinformation des Arbeitsstabs StäV über Fragen aus dem Verwaltungsbereich an den Staatssekretär Günter Gaus vom 29. April 1974: Die StäV befand sich im Aufbau; bis zur offiziellen Eröffnung am 2. Mai 1974 listete der erste Verwaltungsleiter der StäV Walter Sykora in zwölf Punkten die organisatorischen Rahmenbedingungen auf. Günter Gaus wurde der Leiter, Dr. Hans Otto Bräutigam sein Stellvertreter. Ein sogenanntes Vorauskommando von insgesamt zehn Personen schlug ab dem 1. Mai 1974 das Quartier im Hotel "Unter den Linden" auf. Unter den vorausreisenden künftigen Mitarbeitern der StäV, die ab Mai 1974 in Ostberlin arbeiteten, waren neben dem stellvertretenden Leiter auch zwei Sekretärinnen, zwei Fahrer und der Hausmeister. Das Büro der StäV war zunächst in der Friedrich-Engels-Straße 79, dem Büro des Bevollmächtigten der Bundesregierung in Berlin, zu erreichen.
Organigramm der Ständigen Vertretung der Deutschen Demokratischen Republik vom 8. August 1974, das nach den Aussagen des Bonner Mitarbeiters und Abteilungsleiters Dr. Baumgärtel erstellt wurde: Dr. Michael Kohl, der erste Leiter der StäV der DDR, wurde (wie auch der bundesdeutsche Leiter der StäV) am 20. Juni 1974 akkreditiert. Da die Bundesrepublik die DDR nicht als Ausland betrachtete, wurde Michael Kohl nicht mit dem bei der Akkreditierung ausländischer Botschafter üblichen umfassenden Protokoll durch den Bundespräsidenten in Bonn empfangen.
Zweiseitiges Zeremoniell für die Akkreditierung eines Außerordentlichen und Bevollmächtigten Botschafters oder eines Außerordentlichen Gesandten und Bevollmächtigten Ministers in der Deutschen Demokratischen Republik o. D.: Günter Gaus erhielt zu seiner Akkreditierung am 20. Juni 1974 alle für ausländische Botschafter vorgesehenen protokollarischen Ehren, u. a. die Motorradeskorte, Beflaggung des Staatsratsgebäudes, Musikkorps, Gespräch mit dem Vorsitzenden des Staatsrates der DDR Willi Stoph und Fototermin. Zwei Wochen später wurde Günter Gaus vom Vorsitzenden des Ministerrats der DDR Horst Sindermann empfangen (vgl. den Bericht von Günter Gaus in BArch B 288/347).
Dreiseitiger Vermerk von Günter Gaus über den Antrittsbesuch bei dem Vorsitzenden des Ministerrats der DDR Horst Sindermann vom 3. Juli 1974: Das gut einstündige Gespräch verlief betont freundlich; Sindermann würdigte die Bemühungen um das deutsch-deutsche Verhältnis: Die historische Leistung Willy Brandts lasse sich jetzt schon erkennen; die DDR-Regierung sei sicher, dass friedenssichernde Fakten bereits geschaffen seien, die niemand mehr außer acht lassen könnte. Gewiss werde es immer wieder auch Rückschläge geben, aber die Richtung der künftigen Entwicklung liege fest.
Zweiseitiges Angebotsschreiben des Clubs für das Diplomatische Corps in der Deutschen Demokratischen Republik an den Mitarbeiter der StäV Heinz Okken vom 17. August 1977. Für die Veranstaltungen in der StäV war es durchaus üblich, Essen und Getränke nicht nur aus Westberlin, sondern auch aus Ostberlin zu beziehen.
Zweiseitiges Schreiben des stellvertretenden Leiters der StäV, Dr. Hans Otto Bräutigam, von November 1975 über die Haltung der StäV hinsichtlich der Pflege und Instandhaltung von Soldatenfriedhöfen. Die StäV wurde in Einzelfällen tätig und ermöglichte z. B. Bundesbürgern, die letzte Ruhestätte ihrer Angehörigen zu besuchen oder half bei der Suche nach den Gräbern.
Zweiseitiges Schreiben des Leiters der StäV Günter Gaus vom 6. Februar 1976 an den Besitzer des Schlosses Tegel, Ulrich von Heinz, wegen der Rückgabe von Kunstgegenständen, die 1945 von der Roten Armee aus dem Schloss entfernt wurden. 1990 wurden die Skulpturen, Reliefs und Archivalien an die Familie von Heinz rücküberführt.
Schreiben an das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der DDR vom 6. Dezember 1974, dass die StäV allen in der DDR inhaftierten Bundesbürgern zu Weihnachten ein Geschenkpäckchen zukommen lassen werde.
Neben einer Weihnachtskarte beinhaltete ein Paket Zigaretten, Toilettenartikel, Süßigkeiten und Lebensmittel.
1978 wurden 325 Pakete durch das KaDeWe geliefert (s. Inhaltsliste und Rechnung); der Wert eines Paketes lag bei knapp DM 60,-.
Betrug der Wert eines einzelnen Päckchens 1974 noch DM 20,- (s. auch Inhaltsliste von 1974), so stiegen Inhalt und Wert mit den Jahren kontinuierlich an (s. Verzeichnis von 1975 sowie Vermerk von 1976, dass der Wert eines Päckchens von DM 25,- auf DM 30,- angehoben werden solle).
Gebäude der StäV in der Hannoverschen Straße in Berlin, 1974
Fünfseitiger Vermerk der Abteilung 3 (Rechtsabteilung) über die Besucherzahlen dieser Abteilung für den Zeitraum Juni 1974 bis März 1978. Darin wird u.a. über den Rückgang der Besucherzahlen (in der Mehrzahl ausreisewillige Bürger der DDR) seit Anfang 1977 berichtet.
Hintergrundinformationen
Hintergrundinformationen
"Gewiss werde es immer wieder auch Rückschläge geben, aber die Richtung der künftigen Entwicklung liege fest."
Günter Gaus hielt als erster Leiter der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der Deutschen Demokratischen Republik im Juli 1974 eine Einschätzung von Horst Sindermann, dem Vorsitzenden des Ministerrats der DDR, in seinem Vermerk fest.
Auch dieser Vermerk befindet sich im Bundesarchivbestand B 288 Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der Deutschen Demokratischen Republik (StäV), der gerade im Jahr des sechzigsten Geburtstages der Bundesrepublik Deutschland die besonderen deutsch-deutschen Beziehungen bis zur Wiedervereinigung in vielen Facetten abbildet.
Der Archivbestand B 288 wird im Bundesarchiv in Koblenz verwahrt und umfasst knapp 250 lfm Archivgut aus der Zeit von 1974 bis 1990, dessen Großteil die Einzelfallakten ausmachen. Der Grundlagenvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR vom 21. Dezember 1972 (BGBl. II 1973, S. 421, 559) regelte u. a. die Errichtung der beiden Ständigen Vertretungen in Ostberlin und Bonn. Auch wenn die Vertretungen damit quasi den Status von Botschaften hatten, deren Botschafter vom jeweils anderen Land akkreditiert wurden, nannte nur die DDR den Ständigen Vertreter auch Botschafter. Am 2. Mai 1974 eröffneten die StäVs in Ostberlin und Bonn, am 20. Juni 1974 wurden die beiden Leiter Günter Gaus und Dr. Michael Kohl beim Staatsrat der DDR bzw. vom Bundespräsidenten akkreditiert. Die westdeutsche Seite betonte durch die Entsendung des Staatssekretärs Gaus (statt eines Botschafters) und die Bezeichnung der Mission in Ostberlin als Ständige Vertretung bei der DDR die allein staatliche, nicht völkerrechtliche Anerkennung der DDR.Die Ständigen Vertretungen waren folglich keine diplomatischen Missionen zwischen Völkerrechtssubjekten, sondern Vertretungen sui generis: Es sollte deutlich werden, dass es sich um zwei Staaten in Deutschland, die füreinander kein Ausland waren, handelte.
Die Ständigen Vertreter der Bundesrepublik bis 1990 waren Günter Gaus (1974-1981), Klaus Bölling (1981-1982), Dr. Hans Otto Bräutigam (1982-1989) und Dr. Franz Bertele (1989-1990).Die Ständigen Vertreter der DDR bis 1990 hießen Dr. Michael Kohl (1974-1978), Ewald Moldt (1978-1988) und Horst Neubauer (1988-1990).
Die StäV erfüllte alle Aufgaben einer regulären Botschaft vor dem Hintergrund der speziellen innerdeutschen Beziehungen. Das Protokoll zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik über die Errichtung der Ständigen Vertretungen vom 14. März 1974 (BGBl. II 1974, S. 933) fasst es zusammen: Die Ständigen Vertretungen haben unter anderem die Aufgabe, die Interessen des Entsendestaates im Gastland zu vertreten, einschließlich Hilfe und Beistand für Personen, sowie normale gutnachbarliche Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik auf politischem, wirtschaftlichem und kulturellem Gebiet wie auch auf anderen Gebieten zu fördern und auszubauen.
Die ausgewählten und in der Folge vorgestellten Archivalien aus dem Bestand möchten einen Eindruck von der Phase des organisatorischen Aufbaus der StäV, von der Akkreditierung des ersten Ständigen Vertreters undvon der Vielzahl der Aufgaben der StäV, u. a. im humanitären und kulturellen Bereich, vermitteln. Aus technischen Gründen haben wir uns entschlossen, bei mehrseitigen Vermerken in der Galerie nur jeweils die erste Seite zu zeigen. Die vollständigen Dokumente finden Sie als PDF unter den jeweiligen Abbildungen.
Marion Teichmann, Claudia Zenker-Oertel