Virtuelle Ausstellung
Interzonenzug
Schienenverbindungen über innerdeutsche Grenzen, 1945-1970
Am 15. Juli 1954 wurde der Interzonenverkehr über die Übergangsstellen Wolfsburg/Oebisfelde und Hof/Gutenfürst aufgenommen.
Die Planungen für den festlichen Empfang des ersten Interzonenzugs in Oebisfelde finden Sie hier (BArch, DM 1/39345):
Der Befehl Nr. 331 des Obersten Chefs der Sowjetischen Militäradministration vom 26. November 1946 ermöglichte erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg wieder einen Personenverkehr zwischen der Sowjetischen Besatzungszone und den Westzonen, allerdings beschränkt auf Zwecke des Interzonenhandels und für jede einzelne Reise genehmigungspflichtig.
Das vollständige Dokument finden Sie nachstehend:
Im Lagebericht für den Monat April 1948 beschreibt die Hauptverwaltung der Eisenbahnen des amerikanischen und britischen Besatzungsgebietes Einschränkungen im Bahnverkehr nach Berlin, vor allem bei Zügen, die im Auftrag der Westalliierten fuhren. Diese Maßnahmen der Sowjetischen Militäradministration waren eine Reaktion auf Planungen der Westalliierten zum Wiederaufbau Westdeutschlands, die ohne sowjetische Beteiligung beschlossen worden waren. Die Spannungen eskalierten zwei Monate später, im Juni 1948, mit der Blockade Westberlins durch die Sowjetunion, die natürlich auch den zivilen Bahnverkehr betraf.
Das vollständige Dokument finden Sie nachstehend:
Auf der Karte von 1950 ist bei jeder Bahnstrecke in der DDR angegeben, ob sie – nach den umfangreichen Reparationen, die an die Sowjetunion zu leisten waren – nur noch eingleisig oder überhaupt nicht mehr zu befahren ist. Stationen an der Grenze zur Bundesrepublik sind handschriftlich eingetragen.
Durch Plakate und und Handzettel erhielten bundesdeutsche Reisende durch das Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen praktische Hinweise für Reisen in die DDR. In teils polemischer Sprache wurde dabei zu extremer Vorsicht aufgerufen: "In all und jedem wittert man Spionage!" – "Die gesamte Sowjetzone ist mit einem System von Spitzeln überzogen." – "Bedenken Sie, dass die in einem Rechtsstaat gültigen Grundsätze in der Sowjetzone nur auf dem Papier stehen!"
Der Volksaufstand am 17. Juni 1953 versetzte die DDR-Staatssicherheit, die Volkspolizei und alle anderen Sicherheitskräfte in höchste Alarmbereitschaft. Sie sahen – zu Recht – die Herrschaft des SED-Regimes existenziell gefährdet. Dass Demonstranten im Kreis Kyritz Interzonenzüge anhielten und mit den Passagieren diskutieren wollten, war in den Augen der "Organe" ein besonderer Affront. Als Ausweg erschien ihnen, die Interzonenstrecke zu sperren.
(Information der Volkspolizei an die Stasi-Bezirksverwaltung Potsdam, 18. Juni 1953)
Den Kontext der Ereignisse und weitere Stasi-Dokumente zeigt die virtuelle Ausstellung "Der Aufstand im Bezirk Potsdam".
"Ergreifende Szenen spielen sich in vielen westdeutschen Städten beim Eintreffen des Interzonenzuges ab, der Verwandte, die sich oft jahrelang nicht gesehen haben, zusammenführt. Die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik ermöglicht durch den neuen Kurs und durch die großzügige Ausstellung von Interzonenpässen, dass Deutsche aus Ost und West zusammenkommen." - Dass dem "neuen Kurs" der Volksaufstand vom 17. Juni 1953 vorausging, ist dem zeitgenössischen Originaltitel des Bildes nicht zu entnehmen.
Gleich bei der Einreise wurden Besucher*innen der DDR durch sogenannte Sichtpropaganda empfangen. Ein Mitarbeiter der Bau-Union Zwickau VEB stellte allerdings bei der Rückreise aus der Bundesrepublik fest, dass die am Grenzbahnhof Wartha angebrachten Losungen veraltet und verblichen waren und die Propaganda insgesamt einen vernachlässigten Eindruck machte. Die Wirkung dieses Anblicks auf einreisende Bundesbürger*innen empfand er als so beschämend, dass er sich mit der Bitte um Abhilfe an den Deutschen Friedensrat wandte.
Welche Losungen der Nationalrat der nationalen Front der DDR um 1953 konkret vorschlug, sehen Sie nachstehend (BArch, DY 6/5019):
Nach Aufhebung des Interzonenpasszwangs von Seiten der DDR wandte sich die Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn an die Hauptverwaltung Reiseverkehr der Deutschen Reichsbahn, um praktische Maßnahmen im Bahnbetrieb abzusprechen. Unter anderem ging es um die gegenseitige Anerkennung von Fahrausweisen und entsprechende Abrechnungsfragen. In der DDR lief der Schriftwechsel allerdings zunächst über das Ministerium für Eisenbahnwesen.
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Uniformierte und bewaffnete Streifen der Transportpolizei wurden an Bahnhöfen eingesetzt, an denen Interzonenzüge hielten. Sie sollten alle Kontakte zwischen Reisenden und DDR-Bürger*innen vor Ort genau im Blick behalten und beispielsweise Gespräche oder die Übergabe von Gegenständen verhindern.
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"Bei der Bezahlung der Rechnung ist die Vorlage des Personalausweises erforderlich. Von ihm hängt es ab, ob die Bezahlung in Mark der Deutschen Notenbank oder in Westmark erfolgen muss." - Dieses Verfahren führte dazu, dass in den Interzonenzügen der Verkauf von Produkten aus der Bundesrepublik zeitweise eingestellt werden musste, da die Nachfrage durch Einwohner*innen der DDR zu groß war.
Nachdem wiederholt Bundesbedienstete bei Reisen von und nach Berlin durch DDR-Behörden festgenommen worden waren, bemühte sich die Bundesregierung um verbilligte Flugtickets. Dies traf allerdings auf den Widerspruch der Fluggesellschaften und der Deutschen Bundesbahn.
Die Westarbeit der Nationalen Front der DDR bestand nicht nur in Gesprächen mit Reisenden und dem Aushändigen von Zeitungen, Zeitschriften und Agitationsmaterial, sondern auch in Vorschlägen zur Ausgestaltung der Interzonenkontrollpunkte. Dabei wurden auch die sanitären Verhältnisse in den Blick genommen, die oftmals unter ungeklärten Zuständigkeiten litten. In Staaken (DDR) wurden Interzonenreisende deswegen sogar gebeten, lieber die Toiletten im Westberliner Abschnitt der Grenzstation aufzusuchen.
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"Mit dem Interzonenzug aus Köln trafen am 25. Februar 1956 Bergarbeiter aus dem Ruhrgebiet auf dem Leipziger Hauptbahnhof ein." - Anlässlich der Leipziger Messe wurden regelmäßig auch Sonderzüge im Interzonenverkehr eingesetzt.
(...) traf "ein Zug aus Bremen mit 470 westdeutschen Kindern auf dem Grenzbahnhof Marienborn ein. Der Sonderzug mit Kindern aus der Bundesrepublik, die an Ferienlagern im Harz, in Thüringen und an der Ostsee mit Kindern aus der Deutschen Demokratischen Republik teilnehmen werden, wurde nach Magdeburg weitergeleitet." - Derartige "Ferientransporte", zu denen DDR-Organisationen vor allem bedürftige Arbeiterkinder einluden, wurden von bundesdeutschen Sicherheitsbehörden äußerst misstrauisch beäugt.
Der Nationalrat der Nationalen Front der DDR beobachtete 1956 eine "verstärkte Einflussnahme des Gegners auf den innerdeutschen Reiseverkehr“, die hauptsächlich darin bestand, DDR-Bürger*innen in der Bundesrepublik sogenanntes "Hetzmaterial" auszuhändigen, ihnen die Fahrkarten bis zu ihrem Heimatort kostenlos auszugeben oder ihnen 10 DM West als Taschengeld auszuzahlen.
Mit dem erwähnten "Kaiser-Ministerium" war das durch Jakob Kaiser geleitete Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen gemeint.
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"Republikfluchten" und die "operative Lage" an der Grenze dominierten die Berichte der Deutschen Grenzpolizei der DDR. Eng mit der Staatssicherheit verflochten, stellte sie regelmäßig aktuelle Informationen zusammen und leitete sie an die Geheimpolizei "zur Auswertung" weiter. In der zwar eingeschränkten, gleichwohl direkten Begegnung zwischen Ost und West durch den Interzonenzugverkehr sahen die Sicherheitsorgane der DDR eine stete Gefahr, die sie zu bekämpfen und auszuschalten versuchten.
So hielt die Grenzpolizei fest, dass die "westzonale Bundesbahn" im Juli 1961 eine "stärkere Stör- und Wühltätigkeit" im Interzonenreiseverkehr betrieben habe. Dies füge sich in die zunehmende Tendenz "subversiver Tätigkeit des Gegners".
(Bericht des Kommandos Deutsche Grenzpolizei über "die operative Lage" an der Grenze der DDR zur Bundesrepublik an die Zentrale Information des MfS im Juli 1961 vom 14. August 1961, Auszug)
Das vollständige Dokument finden Sie nachstehend:
Ein Student aus Güstrow versuchte im November 1961, aus der DDR zu fliehen: Er wollte mit seiner Freundin, die in der Bundesrepublik wohnte, zusammenleben. Nachdem er einen ersten Versuch am 13. November 1961 wieder abbrach, nahm er drei Tage später einen neuen Anlauf. Sein Plan war, sich im Interzonenzug von Saßnitz-Hafen nach Hamburg zu verstecken und zwar in einem Hohlraum hinter einer Deckenklappe. Doch als er das abgeriegelte Hafengelände betrat, wurde er von einem Zollmitarbeiter entdeckt und nach Rostock in Stasi-Untersuchungshaft gebracht. Am 9. März 1962 verurteilte ihn das Bezirksgericht Rostock zu drei Jahren und sechs Monaten Zuchthaus. Der Vorwurf: Spionage "in Tateinheit mit versuchtem Paßvergehen".
Ein Reichsbahnbeamter hatte am 22. November 1961 beobachtet, dass ein Flüchtling, Siegfried Pump, in einen US-Militärzug gestiegen war, und dies den DDR-Behörden gemeldet. Erst nachdem die Amerikaner den Flüchtling ausgeliefert hatten, durfte der Zug die DDR verlassen und erreichte Helmstedt (Bundesrepublik) mit über 14 Stunden Verspätung.
Der Vorfall wurde 1963 unter dem Titel "Verspätung in Marienborn" verfilmt. Im gleichen Jahr verarbeitete der Film "Durchbruch Lok 234" die Geschichte einer geglückten Flucht, bei der der Reichsbahn-Lokführer Harry Deterling am 5. Dezember 1961 einen Personenzug nach Westberlin gesteuert hatte.
5. Dezember 1961, 20:45 Uhr: Der Personenzug 2192, der eigentlich von Oranienburg nach Albrechtshof fahren sollte, passierte in hohem Tempo die DDR-Endhaltestelle, durchbrach die Grenzsperre, an der normalerweise die Interzonenzüge kontrolliert wurden, und fuhr ungebremst weiter Richtung Westen, wo er nach einigen hundert Metern stoppte. Der Lokführer Harry Deterling, Initiator dieser ungewöhnlichen Fluchtaktion, und sein Heizer sowie Freunde und Verwandte, die über den Fluchtplan vorab informiert worden waren, hatten ihr Ziel erreicht. Einige weitere DDR-Bürger*innen, die von der Fluchtaktion überrascht worden waren, kehrten auf ostdeutsches Gebiet zurück.
Das spektakuläre wie erfolgreiche Fluchtmanöver war für die DDR-Führung und ihren Sicherheitsapparat ein großes Ärgernis. Die Staatssicherheit bemängelte in ihrem Bericht mehrfach die fehlenden "reichsbahnseitigen Sicherungsmaßnahmen" im Umfeld des Bahnhofs Albrechtshof.
Kurze Zeit später sperrte die DDR die Nordtrasse des Interzonenzugverkehrs zwischen Berlin und Hamburg. Die Interzonenzüge wurden von nun an über die Südroute Wannsee und Griebnitzsee umgeleitet.
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Bedingt durch die Festlegung der Zonengrenzen schnitt die Strecke zwischen Bebra und Eisenach gleich fünf Mal die innerdeutsche Grenze, was der DDR insbesondere nach dem Mauerbau ein Dorn im Auge war. Mit einer gewissen Verblüffung registrierten bundesdeutsche Stellen, dass in der DDR eine "Umgehungsstrecke" von über 13 Kilometern Länge gebaut wurde, was vor allem den Personenverkehr, aber auch den Transport von Kali aus Gruben beiderseits der Grenze betraf. Ab 1963 fanden die DDR-Grenzkontrollen nicht mehr in Wartha, sondern in Gerstungen statt.
Den vollständigen Schriftwechsel finden Sie nachfolgend:
Im Blickfeld der Stasi stand auch der Bahnhof Wolfsburg. Hier war der letzte Halt auf westdeutscher Seite vor der innerdeutschen Grenze. "Inoffizielle Mitarbeiter" (IM) der Stasi sammelten Informationen über die Durchführung der Passkontrollen durch den Bundesgrenzschutz sowie über die Arbeit des westdeutschen Zolls, sie beobachteten einzelne Zollbedienstete, inwieweit diese "abgeschöpft" werden könnten, und erstellten Fotodokumentationen und Lagepläne des Bahnhofgebäudes und der Bahnsteige.
"Bei der Reise von Bundeskanzler Willy Brandt in die DDR treffen am 19. März 1970 in Erfurt zum ersten Mal in der Geschichte der beiden deutschen Staaten zwei deutsche Regierungschefs aufeinander. Verhandelt wird über Möglichkeiten, die Beziehungen der beiden Staaten zueinander zu normalisieren. Im Bild: Bundeskanzler Brandt (r.) und DDR-Ministerpräsident Willi Stoph bei der Begrüssung im Erfurter Bahnhof nach dem Eintreffen des Sonderzuges des Bundeskanzlers."
Wie die Stasi das Treffen zwischen Brandt und Stoph betrachtete, sehen Sie in der virtuellen Ausstellung Codename "Konfrontation".
Hintergrundinformationen
Mit Kriegsende 1945 teilten die Siegermächte Deutschland in vier Besatzungszonen, die durch britische, französische, amerikanische und sowjetische Stellen verwaltet wurden. Entsprechend wurden in Berlin, das innerhalb der Sowjetischen Besatzungszone ("SBZ") lag, vier Sektoren festgelegt. Die Zonengrenzen schnitten zahlreiche Eisenbahnstrecken, teils sogar mehrfach. Doch schon im August 1945 verbanden die ersten "Interzonenzüge" die westlichen Besatzungszonen mit der SBZ und Berlin.
Flüchtlinge, Kohle, Militär
Zunächst handelte es sich dabei um Güterzüge, die vornehmlich der Versorgung von Berlin dienten. Einen großen Teil der sehr eingeschränkten Bahninfrastruktur behielten sich die Alliierten für militärische Transporte vor. Auch war die Verteilung der zahlreichen Flüchtlinge zu organisieren, die in Deutschland nach Kriegsende unterwegs waren. In der SBZ musste zudem der Abtransport von Reparationsgütern (darunter Eisenbahnschienen und Lokomotiven) bewältigt werden, was die Ressourcen noch zusätzlich einschränkte.
An einen freien Reiseverkehr für Zivilpersonen war unter diesen Umständen nicht zu denken. Erhielten seit Ende 1945 wenige deutsche Funktionsträger eine Mitfahrgenehmigung für Militärreisezüge der Westmächte, konnten ab Ende 1946 Deutsche, die im Bereich des Interzonenhandels unterwegs waren, "Interzonenpässe" beantragen. Ab April 1947 galt dies auch für Privatpersonen, wenn sie dringende Gründe geltend machen konnten.
Berlinblockade und Übergangsstellen
Während der Berlinblockade (Juni 1948 – Mai 1949) war der Eisenbahnverkehr zwischen Berlin und den Westzonen, angeblich wegen "technischer Schwierigkeiten", unterbrochen. Nach dem "Helmstedter Abkommen" vom 11. Mai 1949 konnte der Interzonenverkehr wieder aufgenommen und sukzessive verstärkt werden.
Als Übergangsstellen für Interzonenzüge im Personenverkehr waren nur wenige Bahnhöfe zugelassen, darunter:
- Büchen/Schwanheide
- Wolfsburg/Oebisfelde
- Helmstedt/Marienborn
- Bebra/Wartha (ab 1963 Bebra/Gerstungen)
- Ludwigsstadt/Probstzella
- Hof/Gutenfürst
Entgleisungsweichen zur Verhinderung von "Republikflucht"
Während ab 1949 die bundesdeutsche Regierung bestrebt war, Kontakte zwischen Einwohner*innen beider deutscher Staaten zu fördern, schränkte die DDR die Reisefreiheit ihrer Bürger*innen immer mehr ein. Zwar wurden nach dem Volksaufstand vom 17. Juni 1953 Reiseerleichterungen zugestanden, was sich in anwachsendem Interzonenverkehr niederschlug. Nach dem Bau der Mauer und der Verstärkung der Grenzanlagen entlang der innerdeutschen Grenze ab 1961 wurde es für DDR-Bürger*innen aber immer schwieriger, eine Ausreisegenehmigung zu erhalten, sei es auch nur für einen Verwandtenbesuch "im Westen".
Die Übergangsstellen wurden auf DDR-Seite durch bauliche Anlagen wie Zäune, Beschaubrücken, Beleuchtung und Entgleisungsweichen gesichert. Jeder Interzonenzug wurde durch das Amt für Zoll und Kontrolle des Warenverkehrs, Grenztruppen, Transportpolizei und das Ministerium für Staatssicherheit genauestens unter die Lupe genommen.
Umfangreiche Maßnahmen der DDR-Staatssicherheit
Der Zugverkehr zwischen Ost und West war in den Augen der DDR-Staatssicherheit eine erhebliche Gefahrenquelle – und dies gleich in mehrerlei Hinsicht. Zum einen argwöhnte die Geheimpolizei, dass "feindlich-negatives" Material wie Flugblätter und West-Zeitschriften auf diesem Wege in die DDR gelangen oder Informationen aus der DDR in den Westen fließen könnten. Insbesondere aber befürchtete die Stasi, dass die "Interzonenzüge" zur Flucht aus der DDR genutzt würden. Dieser Fluchtweg bekam nach dem Mauerbau 1961, durch den der SED-Staat das "Schlupfloch" West-Berlin verschlossen hatte, zusätzliche Bedeutung.
Die Stasi baute daher ein umfangreiches Sicherungsnetz auf. Dazu zählten strenge Überprüfungen durch die Passkontrolleinheiten, die zur Hauptabteilung VI der Staatssicherheit (Passkontrolle, Tourismus, Interhotel) gehörten, aber getarnt in den Uniformen der Grenztruppen auftraten, außerdem inoffizielle Mitarbeiter (IM), die über verdächtige Bewegungen in der Umgebung von Bahnhöfen berichteten, und nicht zuletzt die enge Zusammenarbeit mit anderen Sicherheitskräften. Dabei wusste die Stasi diese Zusammenarbeit durch die Installierung von Offizieren im besonderen Einsatz (OibE) in den anderen Einheiten zu festigen.
Fahrplankonferenzen und Speisewagen
Gleichzeitig musste die Zusammenarbeit der Mitarbeiter*innen von Reichsbahn und Deutscher Bundesbahn reibungslos funktionieren, um Betrieb und Sicherheit des Bahnverkehrs gewährleisten zu können. Auf Fahrplankonferenzen und anderen Besprechungen trafen Eisenbahner*innen beider deutscher Staaten entsprechende Vereinbarungen. Der durchgehende Verkehr mit Schlaf- und Speisewagen wurde 1954 aufgenommen.
Mit dem Transitabkommen von 1971 und dem Grundlagenvertrag von 1972, die im Rahmen der Entspannungspolitik von Bundeskanzler Willy Brandt zu sehen sind, wurde die Basis für Erleichterungen im Interzonen-Reiseverkehr geschaffen.
Wie Geschäftsleute, Rentner*innen, Ferienkinder und Regierungschefs in Interzonenzügen reisten, spiegelt sich in zahlreichen Bild-, Film- und Textdokumenten aus beiden deutschen Staaten wider.
Literatur:
Bernd Kuhlmann: Züge durch Mauer und Stacheldraht. Berlin 1998
Peter Bock: Interzonenzüge. Eisenbahnverkehr im geteilten Deutschland 1945-1990. München 2007