Virtuelle Ausstellung
150. Geburtstag von Clara Zetkin
Clara Zetkin - eine der bedeutendsten Vertreterinnen der proletarischen Frauen- und der Arbeiterbewegung
Clara Zetkin wurde am 5. Juli 1857 in Wiederau (Sachsen) geboren. Ihr Vater Gottfried Eißner war Lehrer und Kantor in Wiederau. Ihre Mutter Josephine Eißner engagierte sich sehr früh in der bürgerlichen Frauenbewegung. Von 1872 bis 1878 absolvierte Clara Zetkin in dem von Auguste Schmidt (Mitbegründerin des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins) geleiteten Steyberschen Lehrerinnenseminar in Leipzig eine Ausbildung, die sie als Fachlehrerin für moderne Sprachen abschloss. Im Leipziger Studentenzirkel lernte sie den russischen Sozialdemokraten Ossip Zetkin kennen. In der Zeit von 1882 bis 1890 lebte sie mit ihrem Lebensgefährten in Paris, wo auch ihre beiden Söhne Maxim und Konstantin geboren wurden. Sie arbeitete als Journalistin für die französische und deutsche Arbeiterpresse. Kurz nach dem Tod von Ossip Zetkin nahm Clara Zetkin im Frühjahr 1889 als Delegierte der deutschen Sozialdemokratie am Gründungskongress der II. Internationale teil. Sie gehörte dem Kongressbüro an und referierte über die proletarische Frauenbewegung, deren Begründerin und Führerin sie wurde. Anfang 1891 zog sie zurück nach Deutschland und ließ sich in Stuttgart nieder. Von 1891 bis 1917 war sie Redakteurin der proletarischen Frauenzeitschrift "Die Gleichheit".
1899 lernten sich Clara Zetkin und Rosa Luxemburg näher kennen. Sie begannen regelmäßig zu korrespondieren und tauschten im politischen wie im privaten Leben ihre Erfahrungen aus. Zwischen den sehr verschiedenen Frauen entwickelte sich eine enge Freundschaft. Clara Zetkin wurde für Rosa Luxemburg zu einer wichtigen Ratgeberin. Sie stimmten in ihren Ansichten über die Situation in der Sozialdemokratie überein und verkehrten zunehmend herzlicher miteinander. Clara Zetkin wohnte bei Rosa Luxemburg, wenn sie sich in Berlin aufhielt. Aber auch bei Zetkins im Hause Sillenbuch, Wilhelmshöhe bei Stuttgart, gehörte Rosa Luxemburg zur Familie. Der Maler Friedrich Zundel freute sich mit Clara ebenso über Rosa Luxemburgs Besuch wie die Söhne Maxim und Konstantin. In Gesprächen mit Clara Zetkin erbaute sich Rosa Luxemburg auch auf andere Art. Die beiden Frauen stimmten überein in ihrer Liebe für die Naturschönheiten, die sie je nach Jahreszeit in Claras großem Garten bestaunen konnten.
Ende November 1912 fand in Basel der Kongress der II. Internationale statt. In der Rede von Clara Zetkin heißt es "Wenn wir Frauen und Mütter uns gegen den Massenmord erheben, so geschieht das nicht, weil wir in Selbstsucht und Kleinmut unfähig wären, um großer Ziele und Ideale willen große Opfer zu bringen. Wir sind durch die harte Schule des Lebens in der kapitalistischen Ordnung gegangen, und wir sind in ihr zu Kämpferinnen geworden. Wir werden nicht fehlen, wenn es gilt, bis zum letzten Atemzug alles, was wir können, alles, was wir sind, für die Sache des Friedens, der Freiheit, des Glücks der Menschheit einzusetzen." Louis Aragon beschreibt das Auftreten Clara Zetkins in seinem Buch Die Glocken von Basel: "Clara Zetkin ist in Basel, schon über die Fünfzig hinaus. Das lange Leben, die lange Geschichte, die sie hinter sich hat, ist nichts, gemessen an dem was in der Zukunft vor ihr liegt.
Ossip Zetkin (1850 - 29. Jan. 1889) Clara Zetkin lernte ihn durch eine Mitschülerin in einem Leipziger Studentenzirkel kennen. Er war Russe und stammte aus einer bürgerlich-jüdischen Kaufmannsfamilie. Als Anhänger der Volkstümlerbewegung musste er aus Russland fliehen. In Leipzig arbeitete er bei einem Tischler und nahm aktiv am politischen Leben der deutschen Sozialdemokratie teil. Nachdem er im Jahre 1880 auf einer Versammlung mit August Bebel und Wilhelm Liebknecht festgenommen wurde, hat man ihn als "lästigen Ausländer" aus Leipzig ausgewiesen. Seit 1880 lebte er in Paris, wohin ihm Clara Zetkin folgte. Beide lebten bis zu seinem Tod in Paris, waren jedoch nicht verheiratet. Zum einen wäre es für ihn als Emigranten schwierig, die für eine Hochzeit nötigen Papiere aus Russland zu besorgen, zum anderen hätte die Heirat mit einem Russen für Clara Zetkin den Verlust der deutschen Staatsbürgerschaft bedeutet. Ihre gemeinsamen Kinder trugen den Namen des Vaters. Clara Zetkin benutzte den Namen als Schriftstellernamen.
Maxim Zetkin (1. Aug. 1883 - 19. Aug. 1965) Von 1902 bis 1908 studierte er in München Medizin. Er war Mitglied der SPD, der USPD und dann der KPD. Seit 1920 lebte er in der Sowjetunion, nahm als Arzt am Spanischen Bürgerkrieg teil und war während des Großen Vaterländischen Krieges Militärchirurg. 1945 kehrte er nach Deutschland zurück, wurde Mitglied der SED und war maßgeblich am Aufbau der Deutschen Zentralverwaltung für Gesundheitswesen beteiligt. Von 1947 bis 1960 wirkte er v. a. als Professor mit Lehrauftrag für Chirurgie an der Humboldt-Universität Berlin. Konstantin Zetkin (17. Apr. 1885 - Sept. 1976) Er studierte Medizin und zusätzlich Nationalökonomie. Er war zweiter Redakteur der Zeitung "Gleichheit" und bis zum Tode seiner Mutter ihr enger Mitarbeiter. Nach 1933 lebte er in Frankreich. Von den Nationalsozialisten wurde er inhaftiert, konnte aber mit anderen befreit werden. Danach ging er in die USA, wo er mit seiner Frau zurückgezogen auf der Farm ihres Sohnes lebte.
Georg Friedrich Zundel (13. Okt. 1875 - 1948) Er war Stipendiat und Meisterschüler an der Kunstakademie Stuttgart als Clara Zetkin ihn kennenlernte. Sie heirateten 1898 und führten zunächst offensichtlich eine glückliche Ehe. 1903 hatte das Ehepaar genügend Geld, um sich außerhalb von Stuttgart, im Dorf Sillenbuch, ein Haus zu bauen. Zwischen 1903 und 1910 wurde dieses Haus der Treffpunkt der Freunde des Paares, darunter Rosa Luxemburg, die sogar ein Zimmer in Sillenbuch hatte, Franz Mehring und seine Frau, die Familien Geck, Bebel und Kautsky, der Grafiker Felix Hollenberg, der Musiker Hugo Faisst und die Schauspielerin Gertrud Eysoldt. Für Clara waren diese Jahre glückliche Jahre. Friedrich Zundel meldete sich 1914 freiwillig zum Militärdienst. Ende 1916/Anfang 1917 trennte er sich von Clara Zetkin. Nach der Scheidung 1927 heiratete er 1928 Paula Bosch, die Tochter des Stuttgarter Industriellen.
Die Gleichheit, Zeitschrift für die Interessen der Arbeiterinnen (1892-1917) Der sozialdemokratische Verleger J.H.W. Dietz betraute Clara Zetkin 1891 mit der Redaktion der Zeitschrift. Gemeinsam mit Käte Duncker, Luise Zietz und anderen machte sie die Zeitschrift zu dem wichtigsten Mitteilungsblatt der proletarischen Frauenbewegung und der internationalen Solidarität. 1892 hatte sie eine Auflage von 2000 Exemplaren. 1914 erreichte sie eine Auflage von 125000 Exemplaren. Ab 1907 wurde die Zeitschrift zugleich Organ der Sozialistischen Fraueninternationale. Die Zeitschrift enthielt v. a. Beiträge über politische Probleme, über Fragen der Erziehung, der Kunst und Literatur. Als Clara Zetkin 1917 Mitglied der USPD wurde, erhielt sie vom amtierenden Parteivorsitzenden der SPD Friedrich Ebert ihre Entlassung als Redakteurin. Die Zeitschrift verlor mit ihr einen großen Teil ihrer Leser, so dass sie bald darauf eingestellt wurde.
Der Artikel "In eigener Sache" informiert die Leser, dass Clara Zetkin die Redaktion der Zeitschrift entzogen wurde und führt die Gründe auf, die dazu führten.
Im Rahmen des Internationalen Frauensekretariats setzte Clara Zetkin sich aktiv für die Beendigung des Krieges ein. Im März 1915 organisierte sie in Basel eine Antikriegskonferenz der sozialistischen Frauen. Bezug nehmend auf die von den sozialistischen Parteien der teilnehmenden Länder getroffenen Beschlüsse der internationalen Kongresse von Stuttgart, Kopenhagen und Basel rief die Frauenkonferenz die Parteien dazu auf, alle Kraft für die Beendigung des Krieges einzusetzen. Die Frauen sollten durch Massenkundgebungen jeder Art ihr Solidaritätsbewusstsein und ihren Friedenswillen bekunden und so die Vorkämpferinnen für eine allgemeine Bewegung der werktätigen Massen für die Beendigung des Brudermordens werden. Wegen der Verbreitung der Materialien der Berner Konferenz wurde Clara Zetkin im Juli 1915 verhaftet und wegen "versuchten Landesverrats" zu zwei Jahren Haft verurteilt. Im Oktober 1915 kam sie wegen ihres schlechten Gesundheitszustandes gegen Zahlung einer Kaution frei.
Zweiter von links: Hugo Eberlein; rechts: Wilhelm Pieck
Clara Zetkin war von 1920 bis 1933 Abgeordnete für die KPD des Deutschen Reichstages. Ohne aktiv am Wahlkampf teilzunehmen, gewann sie im Juli 1932 ihr Mandat in Württemberg. Mit 75 Jahren war sie so die älteste Abgeordnete des Reichstages. Die KPD-Führung bat sie, den Reichstag zu eröffnen. Trotz der damit verbundenen Anstrengungen war das für Clara Zetkin eine Selbstverständlichkeit. So reiste sie gemeinsam mit ihrem Sohn Maxim im August 1932 unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen von Moskau nach Berlin. Am Tag vor ihrem Auftritt im Reichstag gab sie für die Rote Fahne ein Interview, das als Sonderflugblatt der kommunistischen Reichstagsfraktion erschien. In ihrer Eröffnungsrede äußerte sie den Wunsch noch ein Rätedeutschland zu erleben und rief zu einer Einheitsfront gegen die faschistische Gefahr auf. Einige Tage danach fuhr sie zurück nach Archangelskoje bei Moskau, wo sie die letzten Monate ihres Lebens in einem Erholungsheim verbrachte.
1. Seite des Manuskripts der Eröffnungsrede von Clara Zetkin im Deutschen Reichstag am 30. Aug. 1932
5. Seite des Manuskripts der Eröffnungsrede von Clara Zetkin im Deutschen Reichstag am 30. Aug. 1932
6. Seite des Manuskripts der Eröffnungsrede von Clara Zetkin im Deutschen Reichstag am 30. Aug. 1932
Den zum Zeitpunkt ihres Todes in Moskau befindlichen Teil ihres schriftlichen Nachlasses erhielt das Zentrale Parteiarchiv der KPdSU. Im Zusammenhang mit dem Bemühen um die Einrichtung eines Clara-Zetkin-Museums wurden seit 1955 im Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED Dokumente und Materialien von und über Clara Zetkin gesammelt. Den größten Teil des schriftlichen Nachlasses von Clara Zetkin der im ZPA Moskau verwahrt wurde erhielt das IML in Berlin als Lesefilm. Ergänzt wurden diese Unterlagen durch Schriftgut, das die Familienangehörigen noch besaßen und durch Kopien von Dokumenten, die in andern Archiven verwahrt wurden. Die aus den verschiedenen Archiven, wissenschaftlichen Einrichtungen und von Privatpersonen übernommenen Unterlagen wurden im Zentralen Parteiarchiv der SED im Bestand Nachlass Clara Zetkin zusammengefasst. Dieser befindet sich heute unter der Bestandssignatur NY 4005 in der Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv. Er umfasst 129 Akteneinheiten (6 lfm). Neben einzelnen persönlichen Dokumenten sind eine Vielzahl von Korrespondenzen mit Familienangehörigen und Persönlichkeiten der deutschen und internationalen Frauen- und Arbeiterbewegung sowie Arbeitsmaterialien überliefert.
Hintergrundinformationen
Hintergrundinformationen
150. Geburtstag von Clara Zetkin Clara Zetkin, eine der bedeutendsten Vertreterinnen der proletarischen Frauen- und der Arbeiterbewegung, war eine Persönlichkeit, bei deren Beurteilung sich bis heute die Geister scheiden. Für Kaiser Wilhelm war sie die "gefährlichste Hexe des deutschen Reiches", für den Dichter Louis Aragon "die Frau der neuen Zeit. Die Frau, die dem Mann gleich ist ...". Helene Stöcker war beeindruckt von der "Leidenschaft in der Hingabe an die Sache" und von der "absolute[n] Integrität des Charakters".