Behördengeschichte der DDR
Die Anfänge
In den Jahren 1945-1949 lag für die Sowjetische Besatzungszone die oberste Regierungsgewalt bei der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland, die sich zur Ausführung ihrer Befehle der deutschen Verwaltungen bediente. Die Mehrzahl dieser Verwaltungen wurde 1948 in die Deutsche Wirtschaftskommission (DWK) eingegliedert, die bei der Gründung der DDR 1949 den Kern des Regierungsapparates bildete. Zur Ausübung der "führenden Rolle" der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands gab es innerhalb dieser Partei jeweils ähnliche Strukturen.
Der zunächst noch weitgehend föderative Staatsaufbau mit exekutiven Kompetenzen auf der zentralen Verwaltungsebene sowie in den Länder- bzw. Provinzialverwaltungen mit den entsprechenden Parlamenten (Volks- und Länderkammer) wurde sehr bald zentralisiert. Die 1949 entstandenen DDR-Ministerien übernahmen ab 1950 schrittweise Verwaltungskompetenzen der Länder (z.B. im Bereich Inneres und Justiz), bis mit der Auflösung der Länder im Juli 1952 und der Bildung von 15 Bezirken (einschließlich Ost-Berlins) alle Bereiche der Staatsverwaltung zentralistisch ausgerichtet waren. Die Länderkammer existierte formal noch bis 1958.
Zentrale Organe
Neben oder "unter" der Volkskammer, dem formell "obersten staatlichen Machtorgan", gehörten zum zentralen Staatsapparat der DDR:
Der Staatsrat: Er wurde 1960 nach dem Tod des Präsidenten der DDR, Wilhelm Pieck, gebildet. Der Vorsitzende hatte unter anderem die Funktion des Staatsoberhauptes. Von Anfang der 60er Jahre bis zur Ablösung Walter Ulbrichts 1971 zog der Staatsrat zunehmend Regierungsfunktionen an sich.
Der Ministerrat: Die Regierung der DDR, die im wesentlichen aus der DWK, den deutschen Verwaltungen des Innern, der Justiz und für Volksbildung hervorging, fungierte seit 1954 unter der Bezeichnung Ministerrat. Seine Zuständigkeiten wechselten mehrfach.
Die Ministerien: Sie zeichneten verantwortlich für die zentrale Anleitung und Durchführung der staatlichen Aufgaben auf den jeweiligen Fachgebieten. Die Minister waren Mitglieder des Ministerrates.
Andere zentrale Organe des Ministerrates: Staatssekretariate mit eigenem Geschäftsbereich oder zentrale Ämter wie beispielsweise die Staatliche Plankommission, das Staatssekretariat für Arbeit und Löhne, das Amt für Preise oder das Amt für Jugendfragen. In einigen Fällen fungierten deren Leiter als Mitglieder des Ministerrates.
Zum zentralen Staatsapparat gehörten darüber hinaus auch das Oberste Gericht, der Generalstaatsanwalt, die Deutsche Notenbank bzw. die Staatsbank der DDR.
Umstrukturierungen
Zum Verständnis mancher Besonderheiten und Schwierigkeiten archivischer Bestandsbildung bei DDR-Archivgut ist es wichtig, auf Umstrukturierungen des Staatsapparates mit ihren Folgen für Kompetenz und Organisation der Behörden hinzuweisen:
Der anfangs noch weitgehend herkömmliche Ministerialaufbau veränderte sich sehr bald durch die grundlegend neuen gesellschaftlichen Bedingungen in der DDR - darunter die Erfordernisse der staatlichen Leitung, Planung und Kontrolle der zum großen Teil volkseigenen Wirtschaft:
1950: Bildung der Staatlichen Plankommission als behördlicher Spitze des planwirtschaftlichen Systems und Bildung von Industrieministerien;
1958: Auflösung der Industrieministerien;
1961-1965: zeitweiliges Bestehen eines Volkswirtschaftsrates (VWR) als einer Art "Gesamtindustrieministerium";
1965: Auflösung des VWR und erneute Bildung von Industrieministerien.
Inhaltliche und formale Veränderungen in der Organisation des Staatsapparates und entsprechende Aufgabenverschiebungen gab es in geringerem Umfang auch in den späteren Jahren der DDR immer wieder.
Gravierende Umstrukturierungen erfolgten dann wieder im Rahmen und im Ergebnis der politischen Wende 1989/90. Dabei konstituierte sich beispielsweise der Zentrale Runde Tisch als parlamentsähnliches Gremium. Ab April 1990 strebte die Regierung de Maizière mit Blick auf die deutsche Einheit eine institutionelle Angleichung des Regierungsapparates der DDR an den der Bundesrepublik an.